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14.09.2017| Von: Astrid Schuch |

... inklusive Diesel-Geruch um der alten Zeiten willen

Die deutsche Automobilbranche muss sich nach dem Abgas-Skandal neu erfinden. Auf der 67. Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA), die in Frankfurt aktuell ihre Pforten öffnet, bekommen Volkswagen, Daimler und BMW die Chance zu zeigen, dass sie den Wechsel vom Verbrennungsmotor hin zu alternativen Antrieben und neuen Mobilitätsdiensten schaffen. Ein Scheitern ist keine Alternative, denn das Diesel-Aus kommt – wenn auch auf Raten.

Zur letzten IAA vor zwei Jahren flog der Abgasbetrug bei Volkswagen auf – und stürzte die gesamte deutsche Auto-Industrie in eine Imagekrise. Die Kunden machen wegen drohender Fahrverbote einen großen Bogen um den Diesel. Weil die Stickoxid-Grenzwerte vielerorts überschritten werden, läuft er Gefahr, von den Straßen verbannt zu werden. Neben Berlin erwägen auch Paris, Madrid oder Mexiko City Fahrverbote für Diesel-Autos ab 2025.

Ist der Diesel-Ruf erst ruiniert

Weltweit schwenken die Länder auf E-Mobilität um. Waren Diesel-Autos vor "Diesel-Gate" für mehr als die Hälfte des europäischen Automarktes verantwortlich, wird der Marktanteil nach Schätzungen des Analysehauses IHS-Markit bis 2022 auf deutlich unter 35 Prozent fallen. Selbst China, weltgrößter Auto-Markt und eigentlich nicht bekannt für eine Vorreiterrolle im Umweltschutz, hat jüngst mitgeteilt, dass es an einem Zeitplan zum Ausstieg aus Verbrennungsmotoren arbeitet, was die Dringlichkeit für alternative Antriebe unterstreicht.

Zwar konnten die Autobauer anders als mit Elektroautos mit dem Diesel-Antrieb bislang Geld verdienen, zukünftig an ihm festzuhalten, könnte für die Branche aber teuer werden, schätzen die Unternehmensberater von PA Consulting. Zumal E-Autos mit brauchbaren Reichweiten bald in einer preislichen Liga mit Diesel-Autos oder Benzinern spielen sollen. 

IAA? Nicht wichtig genug

Den Vorwurf, sie hätten den Wandel hinsichtlich alternativer Antriebstechnologien und neuen Mobilitätsdiensten verschlafen, lassen die Hersteller naturgemäß aber nicht auf sich sitzen. Auf der IAA 2017 regnet es deutsche Weltpremieren. Elektroautos stehen im Mittelpunkt. Doch auch der Geruch des Diesels liegt weiter in der Luft.

Derweil ist die Zahl der Aussteller mit 994 dieses Jahr kleiner als bei der letzten Messe. Mehrere Hersteller, wie Fiat und Peugeot, verzichten auf eine Teilnahme. Auch der US-Elektroautopionier Tesla, der mit seinem Model 3 ein E-Auto für den Massenmarkt produziert, bleibt fern. Immerhin hat Tesla nach eigenen Angaben bereits über 450.000 Reservierungen für das Model 3 vorliegen. Wozu also die Vorbestellungen auf der IAA weiter in die Höhe treiben, begründet Tesla-Chef Elon Musk.

Zwei von Einem: Tesla-Jäger und schnellster Diesel der Welt

BMW lässt sich die Chance, in Frankfurt sein E-Konzept zu präsentieren, nicht nehmen. "Für uns als Konzern hat E-Mobilität die oberste Priorität", betont BMW-Chef Harald Krüger auf der IAA. Ziel ist laut Konzernangaben der führende Premium-Anbieter in der Elektromobilität zu sein. Bis 2025 sollen mindestens 25 E-Modelle und Plug-in-Hybride vom Band rollen – 12 davon laut Krüger vollelektrisch. Derzeit haben die Bayern 9 Modelle mit Stromantrieb im Programm.

Weil großen Worten am Ende auch Taten folgen sollten, vor allem wenn man als gebeutelter deutscher Autobauer die technologische Führerschaft in der E-Mobilität beanspruchen will, gibt BMW mit dem Show Car "i Vision Dynamics" einen Ausblick auf das Auto, das Tesla das Fürchten lehren soll: 200 km/h schnell soll er sein und 600 km Reichweite erzielen. Mit dem Alpina D5 S wird BMW letztlich doch wieder nostalgisch: Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 286 km/h präsentieren die Deutschen den schnellsten Diesel der Welt.

Der teuerste Mercedes aller Zeiten

Vom Diesel-Aus will auch Daimler-Chef Dieter Zetsche nichts wissen: "Es lohnt sich mehr, den Diesel zu verbessern, als ihn zu verbieten." Daher investierte Daimler jüngst in neue Dieselmotoren, macht aber auch den nächsten Schritt. Bis 2022 soll es jedes Modell wahlweise mit E- oder Hybridantrieb geben. Der Smart soll bis 2020 ausschließlich elektrisch über die Straßen rollen. Gigantische Pläne hat auch Volkswagen: 2030 soll jeder Wagen der Wolfsburger mit E-Motor verfügbar sein – 300 an der Zahl. Dafür werden etwa 20 Milliarden Dollar investiert und einige Batterien gekauft. Schon 5 Jahre zuvor soll jedes vierte verkaufte Auto ein E-Auto sein.

Ins Scheinwerferlicht der IAA rückt die Mercedes-Tochter AMG mit dem "Project One" getauften Hypercar. Als Antrieb dient ein nur 1,6 Liter großer V6-Benzinmotor, wie er auch in der Formel 1 genutzt wird. Dazu gesellen sich drei E-Motoren mit verschiedenen Antriebskonfigurationen, die eine Leistung von über 1000 PS ermöglichen sollen. Der Sportwagen soll bis zu 3 Millionen Euro kosten, nur in begrenzter Zahl gebaut werden und 2019 auf den Markt kommen.

Neben E-Antrieben dreht sich vieles auf der Messe um autonomes Fahren: 2030 fährt der Audi Alcon ganz ohne Lenkrad oder Pedalerie. Und die vierte Generation des Audi A8 soll bis 60 km/h vollautomatisch fahren und auf Knopfdruck selber einparken können.

Hürde: Autonomes Fahren 

Doch gerade die angepeilte Automatisierung von Autos stellt die Branche vor große Herausforderungen, wie eine Analyse von Strategy& aufzeigt. Demnach soll sich die Wertschöpfung von traditionellen Herstellern innerhalb der nächsten zwölf Jahre auf Anbieter verlagern, die neue Mobilitätsdienste auf Basis von autonom fahrenden Autos anbieten.

"Autonomes Fahren wird damit Konsumausgaben vom Autohersteller weg 
und hin zur Content-Industrie verschieben."
wikifolio-Trader Holger Aßmann

wikifolio-Trader Holger Aßmann bestätigt im Gespräch: "Aus meiner Sicht bietet autonomes Fahren insbesondere für bisher Autoindustrie-fremde Unternehmen massive Chancen. Content-Anbieter wie Netflix und Amazon oder Sensor- und KI-Anbieter könnten stark profitieren." Für die deutsche Autoindustrie scheinen die Risiken laut dem Trader hinter dem Trendlink-Medien-wikifolio "Autonomes Fahren" aber zu überwiegen: „Durch autonomes Fahren werden wir zwar noch mehr Autos nutzen, gleichzeitig aber viel weniger Autos selbst besitzen. Autonomes Fahren wird damit Konsumausgaben vom Autohersteller weg und hin zur Content-Industrie verschieben.“

Anders als Aßmann setzt Trader Mandfred Schmidt aka Manfredos im wikifolio "Pferde in Form" weiter auch auf die Aktien der Autohersteller BMW und Daimler: „E-Autos werden noch einige Jahre mit konventionellen Akkus ausgestattet werden und damit mit allen Problemen wie Reichweite, Ladedauer und Ladestationen zu kämpfen haben.“ Der Diesel mit einer entsprechenden Abgasnachbehandlung sei für die nächste Zeit eine absolute Alternative. Darüber hinaus rechnet Schmidt künftig mit dem Einsatz von „Superkondensatoren“, die binnen weniger Minuten aufgeladen sind und so das Problem der Reichweite lösen. Allerdings werden diese dem Trader zufolge anfänglich noch teuer sein, sodass ein Einsatz vorzugsweise im Premiumsegment erfolgen werde: "Hier sehe ich gerade für Daimler und BMW das größte Potential."


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