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27.04.2017| Von: Christina Oehler |

Die Frage, wie man an der Börse nachhaltig Geld verdienen kann, beschäftigt wahrscheinlich jeden Trader. Potenzielle Erfolgsstrategien gibt es wie Sand am Meer, aber längst nicht alle halten auf Dauer, was sie versprechen. Die gefühlt immer extremer werdenden Kursschwankungen an den Märkten verunsichern zudem viele Anleger. Professionelle Trader hingegen lieben diese hohe Vola, weil sie ihnen die Möglichkeit bietet, schnelle Gewinne zu erzielen. Die jüngsten Turbulenzen bei Aurelius und Dialog Semiconductor oder zuvor auch Ströer und Wirecard waren dafür gute Beispiele. Wir haben vor diesem Hintergrund einige der erfolgreichen wikifolio-Trader befragt, wie sie in solchen Situation vorgehen und worauf Marktteilnehmer achten sollten, um das richtige Timing beim Ein- und Ausstieg zu erwischen. Unsere kleine Serie zu diesem spannenden Thema umfasst vier Artikel.

Starke Performance bei geringem Drawdown

Beginnen wollen wir mit Carsten Schorn („Abbakus“), einem der bekanntesten Trader auf unserer Plattform. Sein wikifolio „Abacus” weist nach gut zwei Jahren eine Performance von fast 80 Prozent aus. Der Maximalverlust liegt bei rund 18 Prozent, wobei dieser Wert in einer Phase entstand, wo sich der Trader nach eigenen Angaben dem wikifolio noch nicht wirklich intensiv gewidmet hat. Und das klingt tatsächlich glaubhaft. Denn nachdem das wikifolio-Zertifikat vor 14 Monaten dann an der Börse gelistet wurde, konnte der Maximum Drawdown bei einem Kursplus von 36 Prozent auf nur noch 5,1 Prozent reduziert werden.

Geduldig sein und dann konsequent zuschlagen

Der antizyklische Handel von massiv gefallenen Aktien ist eine von mehreren Strategien, die der Trader in diesem wikifolio erfolgreich umsetzt. Wichtig ist für ihn dabei vor allem, die Aktie vor dem Kurseinbruch nicht schon im Depot zu haben. Ansonsten ist man seiner Meinung nach „automatisch befangen und kauft in der Regel viel zu früh nach“. Stattdessen sollten Trader in solchen Phasen erst einmal abwarten und beobachten, um dann im richtigen Moment direkt mit einer Grundposition einzusteigen und maximal noch eine kleine Position draufzusetzen: „Das Ziel dieser Trading-Strategie muss immer sein, das Low zu treffen oder zumindest in der Nähe davon zu sein. Dieser Tagestiefpunkt hält bei solchen starken Verwerfungen in der Regel nur relativ kurz und es gehen womöglich auch nur wenige Stücke an diesem Punkt um. Da der Idealfall selten eintrifft, sehe ich es auch als legitim an, die Grundposition nochmal mit einer kleinen Position auf dem gleichen Niveau aufzustocken, wenn man zum Beispiel zeitgleich an einem anderen Börsenplatz nochmals ausgeführt wird“. Wenn der Einstieg in der Nähe der Tiefs erwischt wird, hält Schorn es bei ausgewählten Aktien auch für legitim, in den beginnenden Anstieg hinein die Position aufzustocken, was im Trader-Jargon als „Pyramidisieren“ beschrieben wird. Das von vielen Privatanlegern gerne praktizierte „Verbilligen“, also eine Vergrößerung der erworbenen Stückzahl bei weiter fallenden Kursen zur Erzielung eines geringeren „Mischkurses“, empfiehlt der Trader in solchen Fällen nicht.

Indikatoren für das richtige Timing

Doch wie findet man den tiefsten Punkt einer solchen massiven Verkaufswelle? Hier sind für Schorn verschiedene Faktoren ausschlaggebend: „An erster Stelle steht bei mir der Orderfluss, an dem sich in der Regel erkennen lässt, wie viel Druck noch auf der Aktie herrscht (zum Beispiel auch anhand von Volas). Bei Titeln, die in meiner Watchlist sind, notiere ich mir Kursniveaus mit hohen Umsatzspitzen. Auf diesem Kursniveau kann eine Aktie ebenfalls drehen und einen Boden bilden, wenn sie stark korrigiert. Des Weiteren gibt es noch viele weitere kleine Faktoren wie beispielsweise 200-Tage-Linien, die Uhrzeit, die prozentuale Abweichung oder den Chart. Was ich davon konkret für meine Entscheidungsfindung nutze, hängt grundsätzlich davon ab, welche Aktie fällt, warum und zu welcher Uhrzeit sie fällt. Zu guter Letzt spielt die praktische Erfahrung eine entscheidende Rolle, um das richtige Timing zu erwischen. Situationen wiederholen sich an der Börse zwar selten, aber sie können sich ähneln und man kann aus vergangen Trades und seiner Erfahrung ableiten, wann was zu tun ist“.

Mentale Stärke und keine Angst vor Verlusten

Bei dieser antizyklischen Strategie agiert der Trader in der Regel mit einem kurzen Anlagehorizont und verkauft die Positionen oft noch am selben Tag. Dabei schreckt er auch vor dem Realisieren von Verlusten nicht zurück: „Wenn ich das Low nicht getroffen habe bzw. kein gutes Gefühl bei meiner Position habe, weil es bis zu der angestrebten Erholung zu lange dauert und dadurch die Chance größer wird, dass eine zweite Verkaufswelle kommt, ist es durchaus möglich, dass ich die Stücke mit Verlust wieder verkaufe. Im besten Fall kommt dann eine zweite Welle, im schlechtesten Fall habe ich auf dem Low verkauft - das gehört aber manchmal genauso dazu“.

Ob diese Art des Handelns für angehende Trader eine Alternative ist, hängt ganz stark auch von der Mentalität jedes Einzelnen ab, wie Schorn abschließend ausführt: „Wenn man antizyklisch handelt, greift man buchstäblich ins fallende Messer. An dem Punkt, wo bei allen anderen involvierten Teilnehmern die größte Panik herrscht und prinzipiell alle nur noch raus wollen, entscheidet man sich, genau das Gegenteil zu tun – nämlich zu kaufen“.

Im Interview mit der Börse Stuttgart hat Carsten Schorn noch mehr über seinen Tradingstil verraten:

 

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