Zum Inhalt springen

Das faire KGV - wie man Qualitätsunternehmen zum fairen Preis kauft

Das KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) ist die wichtigste fundamentale Aktienkennzahl und erklärt, welchen Faktor des Jahresgewinns man für ein börsennotiertes Unternehmen zahlt. Je niedriger das KGV ist, umso günstiger ist also das Unternehmen. Leider muss das noch nicht bedeuten, dass sich der Kauf auch wirklich lohnen würde.

abverkauf-einkaufen
Quelle: unsplash.com

Vergleichbar ist dies auch mit Immobilien, wo der wichtigste Faktor zur Bewertung der Kaufpreis geteilt durch die Jahresnettomiete ist. Bei Immobilien ist es aber ebenfalls so, dass der Kauf einer Immobilie zum Faktor 10 nicht unbedingt eine bessere Rendite bringen muss, als zum Faktor 15. Denn meist hat es einen Grund, dass man die Immobilie relativ günstig bekommt. Dies kann eine schlechte Lage oder Bausubstanz sein.

Genauso ist es auch bei Aktien. Es ist nicht unbedingt die beste Strategie einfach die Firmen mit dem niedrigsten KGV zu kaufen - ein Fehler, den gerade Einsteiger gerne machen. Sie berufen sich dabei manchmal sogar auf Value-Investor Warren Buffett. Letzterer hat sich aber spätestens seit dem Kauf von See's Candies und unter dem Einfluß von Charlie Munger zu einem Qualitätsinvestor gewandelt. Buffett investiert unter anderem nach folgender Regel:„I rather buy good companies at fair prices, than fair companies at good prices.“ Er kauft also lieber gute Firmen zu fairen Preisen als schlechte Firmen zu guten Preisen. Das ist für mich einer der wichtigsten Ratschläge am Aktienmarkt.

Dies führt aber zu der Frage, was ein fairer Preis und was eine gute Firma ist. Das im Folgenden erklärte Aktienbewertungsmodell des fairen KGVs soll dabei helfen, Unternehmen zu bewerten. Das Ziel des Modells ist, möglichst gute Firmen zu fairen Preisen zu kaufen, indem man mittels 16 Faktoren aus vier Gruppen die Qualität eines Unternehmens subjektiv ermittelt.

  1. Unternehmensfaktoren
  2. Marktfaktoren
  3. Kulturfaktoren
  4. Finanzfaktoren

Unternehmensfaktoren

Ein erfolgreiches Unternehmen sollte immer ein Produkt haben, das dem Kunden Mehrwert liefert, weswegen die Produktqualität (1) wichtig ist. Aber nicht mit jedem guten Produkt erzielt man gute Gewinne, was auch am Geschäftsmodell (2) liegt. Überrenditen werden außerdem oft von starken und positiven Marken (3) erzielt, da Kunden bereit sind, dafür mehr Geld auszugeben. Idealerweise gibt es einen Burggraben bzw. von Konkurrenten nur schwer replizierbare Wettbewerbsvorteile (4).

Marktfaktoren

Auch das beste Unternehmen wird sich in einem Markt leichter tun, der groß (5) ist und stark wächst (6). Schlecht hingegen ist, wenn es viel Konkurrenz (7) oder viel staatliche Regulierungen gibt bzw. die Umsätze einem Zyklus unterworfen sind. Ich nenne das Marktgefahr (8).

Kulturfaktoren

Der vom Markt oft am meisten unterschätzte Grund für Outperformance dürften die Kulturfaktoren sein. Was ein visionärer Gründer als CEO / Management (9) aber leisten kann, zeigt beispielsweise der US-Gigant Amazon, der auch eine ausgezeichnete Unternehmenskultur (10) vorzuweisen hat. Dies geht oft aber nicht immer mit einer guten langfristigen Strategie (11) einher. Wünschenswert wären natürlich auch gute Bewertungen bei ESG/Nachhaltigkeit (12), d.h. wie das Unternehmen geführt wird und ob es unsere Welt und Leben besser macht.

Finanzfaktoren

Besser quantifizierbar sind die finanziellen Kennzahlen des Unternehmens. Hier ist vor allem das Umsatz- (13) und Gewinnwachstum (14) wichtig. Exzellente Firmen haben aber auch hohe Margen (15) und hohe Kapitalrenditen (16), was ihnen erlaubt, profitabler zu wachsen.

Fazit

Aus diesen 16 Bewertungen von 1-10 wird der Durchschnitt als Qualitätsbewertung berechnet (10 am besten), woraus nach folgender Tabelle das faire KGV abgeleitet wird. Ist das faire KGV höher als das KGV am Markt wäre die Aktie nach dieser Aktienbewertungsmethode ein Kauf.

Investresearch-Bewertung Faires KGV
10 50
9 (Weltklasse) 30
8 (Qualität) 20
7 (überdurchschnittlich) 15
6 12
5 9
4 6
3 4

Außerdem lassen sich Unternehmen nach dieser Methode in überdurchschnittlich gute Unternehmen (ab 7) und Qualitätsunternehmen (ab 8) einordnen, wodurch sich das Investitionsspektrum noch weiter einschränken lässt.

Mit ein wenig Übung kann das Modell helfen, mögliche Stärken und Schwächen eines Unternehmens zu erkennen. Mir hat es bei der Aktienbewertung schon unschätzbare Dienste erwiesen. Es bildet auch die Grundlage des Portfoliomanagements der meisten meiner wikifolios.


Disclaimer: Philipp Haas ist wikifolio-Trader und betreut als investresearch mehrere wikifolios, allen voran  Nebenwerte Europa sowie investresearch stockpicker . Außerdem betreibt er unter investresearch.net seinen eigenen Blog zum Thema Aktien und Geldanlage. Mehr Einschätzungen und Analysen gibt es zudem auf seinem YouTube-Kanal investresearch TV.  An dieser Stelle kommentiert er finanzmarktrelevante Nachrichten und Ereignisse und analysiert Aktien, in denen er möglicherweise auch im Rahmen seiner wikifolios engagiert ist. Der Text spiegelt die Meinung des Autors wider. wikifolio.com übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung. Der Inhalt stellt keine Anlageberatung und auch keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

Jedes Investment in Wertpapiere und andere Anlageformen ist mit diversen Risiken behaftet. Es wird ausdrücklich auf die Risikofaktoren in den prospektrechtlichen Dokumenten der Lang & Schwarz Aktiengesellschaft (Endgültige Bedingungen, Basisprospekt nebst Nachträgen bzw. den Vereinfachten Prospekten) auf www.wikifolio.com, www.ls-tc.de und www.ls-d.ch hingewiesen. Die Performance der wikifolios sowie der jeweiligen wikifolio-Zertifikate bezieht sich auf eine vergangene Wertentwicklung. Von dieser kann nicht auf die künftige Wertentwicklung geschlossen werden.