Szew Grundinvestment gehört zu den erfolgreichsten wikifolios überhaupt. Mit einer Performance von 990 % seit Dezember 2014 schlägt der verantwortliche Trader Simon Weishar nicht nur sämtliche Indizes – er generiert auch Alpha, und zwar nicht zu knapp. Weishar sucht Unternehmen, deren Aktien mit einem attraktiven Chance-Risiko-Profil überzeugen. Die klassischen KI-Titel gehören nicht dazu. Auch in den ChatGPT-Erfinder OpenAI würde er nicht investieren, wenn das Unternehmen morgen an die Börse ginge. Stattdessen trifft man im wikifolio auf Börsenbetreiber, Fintechs, Beteiligungsgesellschaften oder einfach Namen, die das Gros der Anleger ziemlich sicher nicht am Schirm hat.
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Tipp: Am 18. Oktober ist Top-Trader Simon Weishar live dabei am Börsentag Berlin – und natürlich beim wikifolio Stand anzutreffen. Alle Infos dazu inklusive Programm und kostenloser Anmeldung für Besucher gibt's hier!
Vorab sprechen wir mit Weishar über so ziemlich alles, was die Märkte aktuell bewegt: KI, Gold, den Bitcoin, und und und. Viel Spaß dabei!
Simon, ein großes Thema aktuell ist der Hype um Künstliche Intelligenz. In den vergangenen Wochen haben Tech-Unternehmen wie OpenAI, Nvidia oder AMD die Märkte mit Nachrichten zu gigantischen Investitionen in KI-Infrastruktur regelrecht geflutet. Das hat die Aktien massiv in die Höhe getrieben. Werden hier Luftschlösser gebaut oder ist das bloß der nächste logische Schritt in einer laufenden industriellen Revolution?
Simon Weishar: Eine so starke Veränderung der Geschäftswelt ist wohl immer mit einem gewissen Hype und Luftschlössern versehen – Investoren wollen hier dabei sein und nichts verpassen. Ähnlich haben wir das in 2000 rund ums Thema Internet gesehen – im Nachhinein wissen wir, die Technologie hat sehr vieles verändert und vor allem auch viele sehr wertvolle Unternehmen geschaffen. Zur absoluten Hypephase stand man damals wie heute noch am Anfang und man hat in das wenige investiert, das da war, ohne zu wissen, ob diese Unternehmen später auch zu den Gewinnern gehören werden. Ich denke, die KI-Revolution wird wieder viele sehr wertvolle Unternehmen schaffen, und vielleicht gehören auch welche von denen dazu, die heute in aller Munde sind, ich gehe aber davon aus, dass die meisten eher an Wert verlieren werden, da sie eine Entwicklung einpreisen, die sie nicht erfüllen werden können.
Sam Altman, CEO des nunmehr mit 500 Milliarden Dollar bewerteten ChatGPT-Erfinders OpenAI, soll gesagt haben: „Profitability isn’t even in my top 10 priorities.“ Sollten da nicht alle Alarmglocken schrillen?
Ähnliches haben wir auch von Internetunternehmen gehört. Manchmal ging es gut, oft aber auch nicht. Als fundamental getriebener Investor sind meine Alarmglocken in solchen Fällen immer an, denn wenn man Umsätze und Gewinne nicht abschätzen kann, driftet das ganze in Richtung Spekulation. Ich sehe an der Börse aber andere Möglichkeiten mit einem besser abschätzbaren Chance-Risiko- Verhältnis.
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Die KI-Revolution wird sehr viele wertvolle Unternehmen schaffen – und vielleicht gehören auch welche von denen dazu, die heute in aller Munde sind. Ich gehe aber davon aus, dass die meisten eher an Wert verlieren werden, da sie eine Entwicklung einpreisen, die sie nicht erfüllen werden können.
Einige Branchenkenner kritisieren die „Round-Trip-Finanzierung“ innerhalb der KI-Branche. Die Beispiele dafür sind quasi so zahlreich wie die angekündigten Investitionen: Nvidia beteiligt sich an OpenAI, OpenAI kauft Nvidias Chips. OpenAI kauft GPUs von Nvidias Konkurrent AMD und bekommt dafür AMD-Aktienoptionen. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Was sagst du zu der Art und Weise, wie hier Geschäftsmodelle sozusagen im Kreis finanziert werden?
Ich sehe das sehr kritisch, denn die Unternehmen scheinen den aktuellen „Hypecycle“ auszunutzen zu wollen. Sie wissen, dass das Melden von großen Aufträgen und Partnerschaften mit anderen Unternehmen, die gerade hochgejubelt werden, zu weiteren Anstiegen führt und sie reizen dieses Spiel aktuell ziemlich aus. Aber wie es um die wirtschaftliche Substanz steht, also echte Endnachfrage und Profitabilität, bleibt dabei oft unklar. Auch das erinnert ein Stück weit an Praktiken aus der Dotcom-Ära, wo Unternehmen gegenseitig Anteile kauften und Umsätze verbuchten, die im Grunde nur innerhalb der Branche zirkulierten. Letztendlich schafft das Bewertungsblasen - und ist für mich ein Grund, mich davon weit fernzuhalten.
Wenn OpenAI also morgen an die Börse gehen würde, würdest du Aktien kaufen?
Nein, würde ich nicht, dafür ist mir der Markt noch zu jung, Profite zu weit weg und ein Burggraben noch nicht gegeben. Es könnte durchaus sein, dass in den nächsten Jahren ein Unternehmen, das heute noch niemand auf dem Schirm hat mit einem besseren Produkt an den Markt geht. Ich warte gern ab, bis die Unternehmen reifer sind und die Entwicklung besser abschätzbar ist.
In deinem wikifolio Szew Grundinvestment verzichtest du entsprechend auch auf KI-Player. Siehst du hier denn keinerlei Chancen?
Der Markt ist noch so jung und dynamisch, dass ich mir nicht zutraue, den Gewinner für die nächsten Jahre mit Sicherheit herauspicken zu können. Dennoch bin ich in der Branche aber indirekt investiert, denn mit der , und habe ich drei Unternehmen im wikifolio, die seit vielen Jahren unter anderem auch in KI-Startups investieren und hier mittlerweile ein spannendes und breites Portfolio aufgebaut haben. Die Bewertungen in den Büchern dieser Beteiligungsunternehmen haben von dem Hype noch nicht viel mitgemacht und dennoch nimmt der Markt einen deutlichen Abschlag auf diesen Beteiligungswert vor. Für mich ist das eine der wenigen Chancen in diesem überhitzten Markt noch mit einem guten Chance-Risiko-Verhältnis investieren zu können.
Abseits des KI-Hypes sehen wir aktuell noch einen anderen Hype: Der Goldpreis ist rasant gestiegen – zuletzt war eine Feinunze 4.200 Dollar wert. Auch Gold-Exposure findet man in deinem wikifolio nicht. Ist Gold für dich tabu?
Nein, überhaupt nicht. Im letzten Jahr hatten Goldminenaktien sogar längere Zeit einen größeren Anteil im wikifolio. Ich hatte mich hier positioniert, da ich erwartet hatte, dass die geld- und geopolitischen Risiken den Goldpreis treiben werden und hatte die Gewinne Ende letzten Jahres mitgenommen. Im Nachhinein betrachtet wäre hier noch viel mehr drin gewesen, allerdings habe ich nicht erwartet, dass die Rally in diesem Jahr ununterbrochen weiter geht. Trends laufen aber manchmal länger als man denkt. Auf dem inzwischen noch höheren Niveau bleibe ich aber zurückhaltend und kann mir gut vorstellen, dass wir hier auch mal wieder eine Korrektur sehen.
Reale Werte steigen. Nicht nur Gold, auch Aktien. Der Dax liegt 2025 fast 22 % im Plus, der Nasdaq 100 immerhin 16 % und der S&P 500 rund 13 %. Dabei hat das statistisch stärkste Börsenquartal gerade erst angefangen. Ist da noch Platz für eine Jahresendrally? Wo stehen wir Ende des Jahres?
Die Börsen haben sich zuletzt zwar gut entwickelt, doch betrifft dieser Anstieg den Markt nicht in seiner Breite, sondern ist eher auf einen speziellen Bereich zurückzuführen. Erst vor wenigen Tagen hat ein Wallstreet-Analyst vorgerechnet, dass 75 % der jüngsten Kursanstiege im S&P auf KI-Aktien zurückzuführen sind. Für mich haben wir aktuell also eine Zweiteilung – Aktien, die im Hype und klar überbewertet sind und sehr viele Aktien, die wenig beachtet sind und fundamentales Kurspotenzial haben.
Auch der Bitcoin könnte jüngst auf ein Allzeithoch steigen. Scheinbar profitiert auch er als alternative Währung von Inflationsängsten, hoher Staatsverschuldung und geopolitischen Risiken. Wie stehst du aktuell zu Kryptowährungen und ihrem Potenzial?
Ich verfolge hier lediglich den Bitcoin, der sich zunehmend als Alternative zu Gold etabliert und durch seine bessere Handelbarkeit in Form von ETFs/ETCs mittlerweile nicht mehr ganz so volatil ist. Ich denke, die ursprüngliche Idee eines alternativen Zahlungsmittels ist mittlerweile gestorben, aber der Bitcoin scheint seinen Platz als alternatives Asset gefunden zu haben. Ein Kursziel für den Bitcoin habe ich aber nicht, da er fundamental nicht zu greifen ist.
Die an sich gute Börsenstimmung wird aktuell wieder vom Zoll-Streit zwischen den USA und China überschattet. US-Präsident Donald Trump hatte – mit Verweis auf die chinesischen Exportbeschränkungen für Seltene Erden – Zölle in Höhe von 100 % auf chinesische Waren angedroht. Hat das das Potenzial die Börsen nachhaltig zu belasten?
Ich denke nicht, dass eine der Parteien Interesse an einer Eskalation des Handelsstreits hat. Ich glaube aber auch nicht, dass sich diese ganze Thematik komplett in Wohlgefallen auflösen wird, sondern es immer mal wieder auf den Tisch gebracht wird und an den Märkten zu Unruhen führen wird.
Während in den USA die KI-Revolution stattfindet, versucht die Politik in Deutschland die Autobauer vor dem Verbrenner-Aus zu retten...
Ich denke nicht, dass das Aus vom Verbrenner-Aus die deutschen Autobauer rettet, es verschafft ihnen aber vielleicht etwas Luft. Doch früher oder später führt kein Weg an der Elektromobilität vorbei. Die Probleme der deutschen Autobauer sind hier grundsätzlicher Natur – wenn nicht gegengesteuert wird, werden sie sich nur schwer im aufkommenden Wettbewerb durchsetzen können.
Zurück zu deinem wikifolio: Aktuell bist du in Börsenbetreiber, Beteiligungsgesellschaften, Fintechs und Small Caps engagiert. Wie kommt man auf die Idee, in die Johannesburger Börse zu investieren?
Ich habe nach einem defensiven Geschäftsmodell gesucht, das auch profitiert, wenn es an den Börsen ungemütlich wird, wenn sich Zinsen oder Inflation doch anders entwickeln als der Markt momentan antizipiert und das ganz generell unabhängig von der Konjunktur ist. Die Börsenbetreiber erscheinen mir ideal dafür, denn sie sind vor allem volumenabhängig und reagieren in vielerlei Hinsicht anders als normale Unternehmen. Für mich ist das einerseits eine Art Absicherung, in der momentan 38 % des wikifolios steckt, andererseits sehe ich bei den drei ausgewählten Börsenbetreibern aber trotzdem auch ausreichend Kurspotenzial. Auf meinem Blog hatte ich einen längeren Beitrag dazu geschrieben und alle handelbaren Börsenbetreiber und deren Bewertung unter die Lupe genommen – die kam dabei als fundamental günstigster Wert heraus, weshalb sie mit 13 % eine entsprechend hohe Gewichtung im wikifolio bekommen hat.
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Die Schwäche der deutschen Industrie halte ich aktuell für sehr real. Daher mache ich um diese Aktien einen Bogen.
Crash-Propheten haben mal wieder Hochkonjunktur. Sie warnen vor dem Kollaps der Fiat-Währungen, dem Untergang der deutschen Industrie, dem Ende der Eurozone uvm. Warum brechen die Börsen eigentlich nicht in einer kollektiven Panikattacke zusammen?
Crash-Propheten gab es schon immer, denn sie verdienen ihr Geld mit der Angst der Menschen. Ihre Punkte sind zwar nicht immer völlig aus der Luft gegriffen, aber häufig zu dramatisch dargestellt, denn für vieles lässt sich dann doch eine Lösung finden. Solche Risiken gehören immer zu der Börse dazu und sollte man als Investor im Blick behalten, um entsprechend handeln zu können, wenn die Risiken realer werden. Die Schwäche der deutschen Industrie zum Beispiel halte ich aktuell für sehr real. Daher mache ich um diese Aktien einen Bogen. Allerdings scheint mir auch hier eine Kehrtwende weiterhin möglich. Diese wäre dann auch ein guter Enstiegszeitpunkt. Doch ob sich hier etwas tut, liegt vor allem in der Hand der Politik und dort sehe ich zuletzt wenig bestreben, das Ruder herumzureißen.
Zu guter Letzt eine praktische Frage: Kann ich als klassischer MSCI World ETF-Anleger eigentlich noch ruhig schlafen? Wenn nicht, was kann ich tun (außer wikifolio-Zertifikate beizumischen)?
Grundsätzlich kann man mit dem MSCI World wohl ruhiger schlafen als mit vielen anderen Anlagen. Sorgen würde mir hier allerdings der über 70%ige Anteil der USA machen, denn damit investiert man einerseits in die hohen Bewertungen in den USA und ist gleichzeitig der Entwicklung des US-Dollars ausgeliefert. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Trump-Regierung den US-Dollar weiter abwerten will, um den Export zu stärken und Erleichterung in seiner Schuldenproblematik zu erhalten, was sich entsprechend negativ auf den in Euro gehandelten MSCI World auswirken würde.
Simon, vielen Dank für das Gespräch. Noch Fragen? Dann ab nach Berlin zum Börsentag...
Tipp: Es sind weitere Interviews geplant - gesprochen haben wir unter anderem mit Top-Trader und Finanzjournalist Christian Scheid und Marco Jansen von der Oberbanscheidt & Cie. Vermögensverwaltung. Was die beiden und andere Top-Trader zum Hype um Künstliche Intelligenz, der Gold-Rally uvm. sagen, erfährst du in Kürze auf dem wikifolio Blog oder per Newsletter. Spannende News und Meinungen gibt's außerdem wie gewohnt in der wikifolio Smart News App. Stay tuned!
Disclaimer: Jedes Investment in Wertpapiere und andere Anlageformen ist mit diversen Risiken behaftet. Es wird ausdrücklich auf die Risikofaktoren in den prospektrechtlichen Dokumenten der Lang & Schwarz Aktiengesellschaft (Endgültige Bedingungen, Basisprospekt nebst Nachträgen bzw. den Vereinfachten Prospekten) auf www.wikifolio.com, www.ls-tc.de und www.ls-d.ch hingewiesen. Sie sollten den Prospekt lesen, bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen, um die potenziellen Risiken und Chancen der Entscheidung, in die Wertpapiere zu investieren, vollends zu verstehen. Die Billigung des Prospekts von der zuständigen Behörde ist nicht als Befürwortung der angebotenen oder zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapiere zu verstehen. Die Performance der wikifolios sowie der jeweiligen wikifolio-Zertifikate bezieht sich auf eine vergangene Wertentwicklung. Von dieser kann nicht auf die künftige Wertentwicklung geschlossen werden. Der Inhalt dieser Seite stellt keine Anlageberatung und auch keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.