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Stagflation wie in den 70ern – nur ein böser Traum oder Realität?

Am 17. Oktober 1973 drehte die OPEC den Ölhahn zu – und stürzte den Westen damit in eine schwere Wirtschafskrise. Die Parallelen zu heute sind nicht von der Hand zu weisen.

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Quelle: shutterstock.com

1973 kostet ein 159-Liter-Fass Öl drei Dollar, Ende 1974 waren es 11 – und 1979, auf dem Höhepunkt der zweiten Ölkrise, klettert der Preis auf 38 Dollar je Fass. Ähnlich wie heute spielte auch damals ein geopolitischer Konflikt eine entscheidende preistreibende Rolle: Der 20 Tage dauernde Jom-Kippur-Krieg zwischen Israel auf der einen und Ägypten sowie Syrien auf der anderen Seite. Um politischen Druck auszuüben, stellte die OPEC (Organisation erdölexportierender Länder) damals ihre Erdöllieferungen an die USA und die Niederlande, die Israel unterstützten, vollständig ein. Auch die anderen Industriestaaten erhielten weniger Öl.

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Das schwarze Gold auf Höhenflug

Vor der Ölkrise 1973 kostete ein Fass Öl drei Dollar. So billig war es danach nie wieder. Das 2022er-Hoch erreichte der Ölpreis bei 129 Dollar. Aktuell kostet ein Fass knapp 100 Dollar.

Die Folgen waren verheerend. Der Ölpreis verdoppelte sich binnen kürzester Zeit. Besonders energieabhängige Unternehmen fuhren die Produktion zurück. Kurzarbeit und Entlassungen folgten, die Arbeitslosigkeit stieg. Das deutsche Wirtschaftswachstum endete, die Preise zogen dennoch an. Denn die Unternehmen gaben ihre höheren Energiekosten an die Verbraucher weiter. In der Folge forderten die Gewerkschaften höhere Löhne als Ausgleich für die Teuerung. Das wiederum erhöhte die Kosten für die Unternehmen. Eine Lohn-Peis-Spirale war in Gang gekommen. 1975 und dann nochmal 1982 – nach der zweiten Ölkrise – fiel die deutsche Wirtschaft in eine Rezession.

Ist die Situation heute mit der in den 70ern vergleichbar? Droht eine Stagflation – also eine wirtschaftliche Flaute samt steigender Preise?

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Die Inflation ist zurück

Fast 3 Jahrzehnte war die Inflation rückläufig. Geopolitische Krisen haben die beiden Ölpreisschocks der 70er-Jahre ausgelöst - und die Preise in die Höhe getrieben. Es gibt Parallelen zu der aktuellen Situation. (Quelle: Statistisches Bundesamt, inflation.eu)

Die erste Ölkrise 1973 vs. heute

Vielfältige Gründe für steigende Preise

Der Ursprung der Teuerung ist heute zweifelsohne ein anderer als damals – nämlich die Corona-Pandemie. Nach gut drei Jahrzehnten fallender Preise stieg die deutsche Inflationsrate schon im Mai 2021 auf 2,5 Prozent und klettert seitdem unaufhörlich. Im September letzten Jahres zogen die Preise im Vergleich zum Vorjahr um 4,1 Prozent an. Der Krieg in der Ukraine hatte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht begonnen.

Doch warum zogen die Preise an? Hier spielten mehrere Faktoren eine Rolle: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer 2021, die zuvor wegen der Pandemie gesenkt wurde, machte Waren und Dienstleistungen wieder etwas teurer. Außerdem brachen die Energiepreise 2020 als Folge der Pandemie zunächst massiv ein, erholten sich aber rasch wieder. Öl kostete Ende 2020 unter 50 Dollar je Fass, Ende 2021 waren es wieder über 70. Der Basiseffekt spielte der Teuerung hier also mit. Daneben trugen die CO2-Abgabe und letztlich auch der nach den Lockdowns wieder erstarkte Konsum ihren Teil bei.

Mehr zur Teuerung als Folge der Pandemie: Der große Inflationscheck – was ist top und was flop?

Knappe Güter als Gemeinsamkeit

Doch das alles ist nur die halbe Wahrheit. Eine Frage ist in diesem Zusammenhang relevant: Was bedeutet Stagflation und wodurch wird sie verursacht? Eine Stagflation – also eine Rezession bei steigenden Preisen – wird oft durch einen Angebotsschock ausgelöst, das heißt ein Produktionsfaktor steht nicht mehr oder nur in geringem Ausmaß zur Verfügung. 1973 war das das Öl. Auch heute sieht sich die Wirtschaft mit Verknappungen von Vorprodukten und Rohstoffen konfrontiert. Verantwortlich dafür war zunächst die Pandemie, weil durch den Lockdown Lieferketten vielerorts unterbrochen wurden. So hat zum Beispiel die Autoindustrie seit geraumer Zeit mit einem akuten Chipmangel zu kämpfen.

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