Michael Bichlmeier ist 1986 in Gräfelfing bei München geboren und lebt sein ganzes Leben schon im Münchener Westen – bis auf vier Jahre, da war er im Stuttgarter Umland bei Porsche als Ingenieur tätig. Zunächst arbeitete Bichlmeier nach dem Abschluss seines Ingenieurstudiums in der Automobilbranche. Dies war ihm jedoch nach fünf Jahren zu monoton und zu langweilig. Also entschloss er sich umzusatteln. Der Fahrzeugtechnikingenieur absolvierte an verschiedenen Universitäten Online-Finance-Kurse. Anschließend schloss er die Ausbildung zum Certified Financial Modeler (CFM) und Certified Financial Engineer (CFE) ab. Derzeit macht er seinen Master (MBA) in Applied Quantitative Finance an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. Seine Masterarbeit schreibt er über Stop-Loss-Strategien aus Sicht der Behavioral Finance.
Chart
Herr Bichlmeier, wann haben Sie mit dem Trading begonnen?
Michael Bichlmeier: Begonnen habe ich 2012. Mein erster Kauf war damals die Aktie. Die A Aktie konnte ich mir leider nicht leisten. Danach folgten ETFs, die ich noch nicht getradet habe, sondern mit einer Buy & Hold Strategie gehalten habe. Dabei haben mich die hohen Draw Downs gestört und das die Rendite bei nur rund 9 Prozent im Jahr lag. Da dachte ich mir, das muss doch besser gehen.
Wie sind Sie zum Trading beziehungsweise zum Thema Börse gekommen?
Alles hat mit meinem ersten Job als Ingenieur begonnen. Ich habe damals zum ersten Mal richtiges Geld verdient und wollte es anlegen. Ich war jedoch mit den 9 Prozent Rendite, wie sie zum Beispiel der MSCI World ETF erzielt, nicht zufrieden. Damals dachte ich noch naiv: Das kann doch nicht so schwer sein, den Index zu schlagen. Einfach die guten Unternehmen kaufen und die schlechten weglassen. Dann habe ich angefangen, Bücher zu lesen. Aber die wirklichen guten Strategien verrät natürlich niemand. Dafür muss man programmieren können und alles unter realistischen Bedingungen testen.
Wie viel Kapital haben Sie in Ihr eigenes wikifolio AlphaStars investiert?
Ich habe aktuell rund 30.000 Euro investiert. In mein wikifolio AlphaCryptos, das demnächst investierbar ist, will ich eine ähnliche Summe anlegen. Ich erwarte eine noch höhere Rendite als bei AlphaStars. In den Backtests habe ich damit eine jährliche Rendite von mehr als 100 Prozent erreicht. Ich hoffe, die Anleger erkennen bereits jetzt das Potenzial, das in Kryptowährungen liegt – auch wenn es noch Jahre dauern wird, bis sie Mainstream werden.
Ihr wikifolio AlphaStars ist seit Ende April 2022 aktiv und hat mit einem Plus von rund 240 Prozent eine brillante Performance erzielt. Wie würden Sie Ihre Strategie beschreiben?
Meine Strategie ist rein quantitativ. Es werden nur Daten, also Zahlen, ausgewertet, die frei zugänglich sind. Ich bilde dann ein Ranking von etwa 5.000 Aktien und kaufe davon die besten 20 Papiere. Mich interessieren Meinungen oder News nicht. Was andere Analysten empfehlen, ist mir egal. Ich mache meine Analysen lieber selbst. Dann weiß ich, wie sie entstanden sind. Über einen Algorithmus, der die Auswertungen macht und ausgiebig getestet wurde.
Wie gehen Sie bei der Suche nach den passenden Aktien vor?
Ich habe eine Liste aus rund 5.000 Aktien weltweit, die ich täglich überwache. Meine Programme werten die Daten automatisiert aus. Ausgewertet werden die aus meiner Sicht sinnvollen fundamentalen Kennzahlen und auch Kursverläufe. Daraus erstellt der Algorithmus dann ein Ranking. Als Ergebnis bekomme ich eine Liste mit den 20 besten Aktien aus heutiger Sicht. Die Top-Kandidaten prüfe ich vor dem Kauf nochmal manuell, um wirklich auf Nummer sicherzugehen.
Wann wird es aus Ihrer Sicht Zeit, Aktien zu verkaufen?
![]()
Der beste Zeitpunkt, eine Aktie zu verkaufen, ist meiner Meinung nach, wenn man ein besseres Investment findet.
Natürlich liege auch ich nicht immer richtig, weshalb ich mit Stop-Loss-Strategien arbeite. Meine absolute Schmerzgrenze liegt bei -30 Prozent. Wenn der Markt eine Aktie als schlecht bewertet und der Kurs stark fällt, macht es aus meiner Sicht einfach keinen Sinn mehr, daran festzuhalten. Dann muss man verkaufen und ein neues Investment finden. Damit schütze ich auch das Portfolio vor zu großen Schwankungen.
Ihr Ziel ist es jedes Jahr eine höhere Rendite zu erzielen als der MSCI World, wie sieht Ihre Bilanz bislang aus?
| AlphaStars | MSCI World ETF | |
| 2022 | 64% | -14% |
| 2023 | 52% | 20% |
| 2024 | 48% | 28% |
Glauben Sie, dass Sie die Benchmark (MSCI World) auch auf Sicht von 10 Jahren schlagen können?
Ich denke, das ist mit meiner Strategie möglich. Die Frage ist, wie man den Vergleich macht. Vergleicht man jedes einzelne Jahr, dann gibt es immer mal wieder Jahre, wo der MSCI World besser abgeschnitten hätte. Nimmt man jedoch die durchschnittliche Jahresrendite, dann habe ich in Backtests von 1980 bis 2020 ganze 31 Prozent pro Jahr geschafft. Der MSCI World hat es hingegen im gleichen Zeitraum auf nur 9 Prozent pro Jahr gebracht. Daher bin ich zuversichtlich, dass ich langfristig den MSCI World outperformen werde.
Auffällig ist, dass Sie vorwiegend US-Werte im AlphaStars-wikifolio haben. Warum ist das so?
Weil ich in meinen Backtests von 1980 bis 2020 damit die besten Ergebnisse erzielt habe. Ich habe den US-, EU-, Asia- und Rest of World-Markt getestet und habe immer mit US-Aktien die höchste Rendite erzielt. Das kann sich in Zukunft natürlich ändern. Ich überwache aktuell rund 5.000 Aktien weltweit. Sollten Aktien aus anderen Märkten besser laufen als US-Aktien, dann würde ich auch diese kaufen.
Was spricht aus Ihrer Sicht derzeit gegen in ein Investment in Aktien wie Nvidia?
![]()
Ich hatte Nvidia in meinem Portfolio, aber das Momentum ist aus meiner Sicht erst mal vorbei.
Ich werte sowohl fundamentale Kennzahlen als auch technische Indikatoren aus, die ich selbst entwickelt habe. Dabei spielen Trends und das Momentum eine große Rolle. Eine Aktie, die seit circa einem halben Jahr seitwärts verläuft, während sich andere Aktien im gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt haben, ist für mich nicht länger interessant.
Bevorzugen Sie bestimmte Anlagezeiträume bei Ihren Investments?
Da ich täglich nach besseren Investments Ausschau halte, ist die Haltedauer meiner Aktien meistens nur mehrere Monate. Ich kaufe eine Aktie nicht, um sie 5 Jahre zu besitzen. Wenn es nach 6 Monaten eine bessere Alternative gibt, dann tausche ich die Aktie aus. Damit bin ich bisher sehr gut gefahren. Aktuell sind etwa 6 Millionen Euro in das wikifolio AlphaStars investiert und die durchschnittliche jährliche Rendite liegt bei rund 60 Prozent.
Was unterscheidet Ihren Ansatz von anderen wikifolio Strategien?
Vor allem mein datengetriebener Ansatz und die Risikostreuung. Ich investiere beispielsweise in mindestens 20 Aktien ohne Themenfokussierung. Damit bin ich verglichen mit anderen wikifolios relativ breit diversifiziert. In bestimmten Marktphasen kann es auch vorkommen, dass ich die Positionen über Short ETFs hedge. Natürlich könnte man eine noch höhere Rendite erzielen, wenn man nur in 10 Aktien investiert und dabei in die beste Aktie zum Beispiel 30 Prozent des Kapitals investiert, aber das ist mir zu riskant. Der wesentliche Vorteil meines wikifolios liegt darin, dass ich solide Backtests seit 1980 vorweisen kann. Ich denke, das ist auch ein wesentlicher Grund, warum mir die Anleger ihr Vertrauen schenken. Außerdem steige ich in unsicheren Marktphasen aus, verkaufe die Aktien und schütze damit das Kapital vor zu großen Draw Downs. Dies hat sich in meinen Backtests als guter Schutzmechanismus erwiesen.
Wie viel Zeit investieren Sie wöchentlich in das wikifolio?
Ich verbringe wöchentlich etwa 7 Stunden mit meinen wikifolios, also 1 Stunde täglich. Das klingt nach wenig Arbeit. Jedoch habe ich etwa 5 Jahre Vollzeit programmiert und getestet. Dabei musste ich 38 Fehlschläge einstecken. Erst Algorithmus Nr. 39 war der Durchbruch. Heute habe ich alles sehr stark automatisiert und muss nur noch wenig manuell machen, bis auf die Endkontrolle, die mache ich noch selbst.
Könnten Sie sich vorstellen, allein von Ihren Renditen als Trader Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten?
Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Allerdings benötigt man dafür eine Verwaltungsgebühr, die einen in den Crashjahren das nötige Einkommen sichert. Nur mit einer Performancefee, die bei einem neuen High Watermark ausgeschüttet wird, verdient man in einem Crashjahr kaum bis kein Geld. Aus diesem Grund kann ich heute noch nicht alleine von den Gebühren leben. Trotzdem habe ich vor, mein wikifolio bis zum Lebensende weiterzuführen. Eine denkbare Alternative wäre, in guten Börsenjahren Kapital zur Seite zu legen, um dann in den Crashjahren davon zu leben. Für mein wikifolio würde ich rund 10 Millionen Euro verwaltetes Vermögen benötigen, also Assets under management (AUM), um das „hauptberuflich“ zu machen.
Sie gehören derzeit zu den Spitzenreitern in der wikifolio Rangliste. Hätten Sie das vor knapp drei Jahren gedacht, dass Sie das schaffen können, als Sie mit AlphaStars an den Start gingen?
Ich hatte die Hoffnung, dass ich es mit 31 Prozent Rendite pro Jahr aus den Backtests es an die Spitze schaffen kann. Es ging dann doch unerwartet schnell innerhalb von Monaten in die Top 10. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte das eher als ein Projekt gesehen, dass 5 Jahre in Anspruch nehmen wird, bis ich nennenswerte Verdienste vorweisen kann.
Welchen Rat würden Sie Interessierten „Börsenneulingen“ geben, die überlegen, Geld an der Börse anzulegen, aber nicht sicher sind, wie Sie das anstellen sollen?
![]()
Ich würde allen, die noch keine Erfahrung haben und auch nicht viel Zeit investieren wollen, raten: Schaut euch die wikifolios genau an.
Also die durchschnittliche jährliche Rendite, aber auch die maximalen Draw Downs. Die findet man auf wikifolio, wenn man auf Analyse klickt. Jemand, der einen größeren Draw Down als -50 Prozent hat, würde ich mein Geld nicht anvertrauen. Das wäre mir zu riskant. Auch wie die Rendite entstanden ist, ist entscheidend. Es sollte ein diversifiziertes Portfolio sein, meiner Meinung nach mindestens 20 Aktien mit einer relativ gleichmäßigen Verteilung des Kapitals. Nur dann ist das Risiko ausreichend gestreut. Viele Privatanleger halten erwiesenermaßen zu lange an Verlustposition fest. Sie hoffen, dass der Kurs wieder steigen wird und ihre Position wieder in den Gewinn kommt. Ich verwende hingegen feste Regeln für den Ausstieg. Mein Algorithmus ist noch lange nicht fertig und wird laufend optimiert.
Herr Bichlmeier, vielen Dank für das Gespräch.
Disclaimer: Jedes Investment in Wertpapiere und andere Anlageformen ist mit diversen Risiken behaftet. Es wird ausdrücklich auf die Risikofaktoren in den prospektrechtlichen Dokumenten der Lang & Schwarz Aktiengesellschaft (Endgültige Bedingungen, Basisprospekt nebst Nachträgen bzw. den Vereinfachten Prospekten) auf www.wikifolio.com, www.ls-tc.de und www.ls-d.ch hingewiesen. Sie sollten den Prospekt lesen, bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen, um die potenziellen Risiken und Chancen der Entscheidung, in die Wertpapiere zu investieren, vollends zu verstehen. Die Billigung des Prospekts von der zuständigen Behörde ist nicht als Befürwortung der angebotenen oder zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapiere zu verstehen. Die Performance der wikifolios sowie der jeweiligen wikifolio-Zertifikate bezieht sich auf eine vergangene Wertentwicklung. Von dieser kann nicht auf die künftige Wertentwicklung geschlossen werden. Der Inhalt dieser Seite stellt keine Anlageberatung und auch keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.