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Ein historischer Spitzenwert

Die strukturelle Veränderung des Marktes ist nicht nur ein Gefühl, sondern in den Daten schnell ersichtlich. Wir haben die Konzentration des MSCI World mithilfe des Herfindahl-Hirschman-Index (HHI) analysiert, der standardmäßig zur Messung der Marktkonzentration verwendet wird. Der aktuelle HHI-Wert von 119,04 im November 2025 übersteigt den langjährigen Durchschnitt (1995–2025: 23,57) um ein Vielfaches. Dieser Wert befindet sich im 99. Perzentil der historischen Messungen in diesem Zeitraum. Die Daten belegen: Der globale Aktienmarkt war noch nie so stark von wenigen Titeln abhängig wie heute.

Einzelne US-Tech-Konzerne verfügen heute über eine Marktkapitalisierung, die den Börsenwert der Aktienmärkte ganzer G7-Industrienationen übersteigen. Diese wenigen Unternehmen sind globale ökonomische Supermächte. Eine Fehlbewertung oder eine Korrektur bei einem dieser Titel zieht makroökonomische Konsequenzen für das gesamte, vermeintlich gestreute Portfolio nach sich.
Wir lernen aus der Geschichte, dass wir aus der Geschichte nichts lernen
Eine hohe Marktkonzentration gab es natürlich schon in der Vergangenheit. Wir erinnern uns an die „Nifty Fifty“ der 1970er Jahre, eine Gruppe von 50 hoch bewerteten US-Aktien, die zeitweise 33 % des S&P 500 ausmachte. Die anschließende mehrjährige Marktstagnation war eine schmerzhafte Lektion darüber, dass selbst die besten Unternehmen der Welt die in sie gesetzten, überhöhten Erwartungen nicht erfüllen können. Haben Börsenteilnehmer diese Lektion gelernt? Wohl eher nicht. Wie Hegel schon sagte, wir lernen aus der Geschichte, dass wir aus der Geschichte nichts lernen.

Unternehmen bleiben meist nicht ewig an der Spitze
Die Tenure-Analyse der Top-10-Unternehmen seit 1995 zeigt einen stetigen Wandel: Die Sektoren rotieren. Wo früher Energie und Industrie herrschten, dominiert heute die Technologie. Von den größten 10 Unternehmen vor 30 Jahren hat sich nur gehalten, alle anderen fielen raus. Was wird in 30 Jahren dominieren? Schwer zu sagen. Nur eins lässt sich mit Sicherheit prognostizieren, die Top 10 werden anders ausschauen als heute.

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Der wahre Risikofaktor: Die KI-Wette
Was verursacht jetzt im aktuellen Marktumfeld das Klumpenrisiko? Das Wachstum der Top-Unternehmen ist an einen einzigen, gigantischen Faktor gekoppelt: Künstliche Intelligenz. Die Aktien bewegen sich synchron, da sie alle in derselben Wertschöpfungskette agieren – von den Chips über die Cloud-Infrastruktur bis zur Anwendung. Wie sehr der MSCI World an diesem einen Faden hängt, verdeutlicht eine Simulation der Performance seit dem Start des AI-Booms Ende 2022.

Die elf wichtigsten KI-Player haben ihren Wert in dieser kurzen Zeit um das 3,1-fache gesteigert und dem Index 13,49 Billionen Dollar an Marktkapital hinzugefügt. Der gesamte MSCI World wuchs in dieser Periode mit einer jährlichen Rate von 15,96 %. Rechnet man jedoch den Beitrag dieser KI-Klasse heraus, reduziert sich die CAGR des Index drastisch auf nur 8,91 %. Immer noch eine saubere Leistung, allerdings während einer Hoch-Inflationsphase deutlich weniger beeindruckend als die tatsächliche, KI-getriebene Performance des Indizes wie wir sie erlebt haben. Diese Zahlen zeigen unmissverständlich: Fast die Hälfte der Performance des globalen Aktienmarktes in den letzten Jahren ist direkt von der positiven Erwartungshaltung an die KI-Revolution abhängig.
Die Lösung: Das Portfolio bewusst de-korrelieren
Wenn der passive Welt-Index zu einem hochkorrelierten KI-Cluster geworden ist, muss die Diversifikation aktiv neu gedacht werden. Es geht darum, bewusst Assets beizumischen, die nicht am Tropf des KI-Faktors hängen.

Die Heatmap der monatlichen Rendite-Korrelationen zeigt, wie eng der MSCI World mit den Largest 11 AI Companies gekoppelt ist (0,78 Korrelation). Im Gegensatz dazu bietet das wikifolio von Christian Scheid eine sehr niedrige Korrelation von 0,32, und das mit einem Aktien-Portfolio. Auch alternative Assets wie Gold oder Bitcoin können Diversifizierung bieten, genauso wie etwa Anleihen.