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Spannung in den USA: Die Bedeutung der Zwischenwahlen für die Börsen

An den Kapitalmärkten sind heute mal wieder alle Augen auf Übersee gerichtet. Das ist an den Börsen fast immer so, aber diesmal hat es einen ganz speziellen Grund. Es stehen wichtige Wahlen an.

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Zur Mitte des laufenden Präsidentschaftszyklus finden im US-Parlament die sogenannten Midterm Elections oder Zwischenwahlen statt. Dabei geht es vor allem darum, inwieweit die regierenden Demokraten um Präsident Joe Biden ihre noch vorhandenen Pläne in den kommenden zwei Jahren durchsetzen können. Wirklich gut sieht es dabei für den Amtsinhaber nicht aus. Aktuellen Umfragen zufolge werden die Republikaner mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit von über 80 Prozent das Repräsentantenhaus für sich gewinnen können.

Während dort komplett neu gewählt wird, geht es im Senat nur um gut ein Drittel der 100 Sitze. Trotzdem drohen die Demokraten auch hier die Oberhand zu verlieren. Sah es vergangene Woche noch nach einem völlig offenen Ausgang aus, liegen die Republikaner in den Umfragen mittlerweile (leicht) in Front. Die Unzufriedenheit der Amerikaner mit der aktuellen Politik wird nicht nur hier mehr als deutlich. Joe Biden ist bei den Bürgern zurzeit genauso unbeliebt wie es sein Vorgänger Donald Trump war.

Es droht der politische Stillstand

Auf den ersten Blick wäre eine Rückeroberung der beiden Kammern durch die Republikaner für die Entwicklung der US-Wirtschaft und damit auch der Aktienmärkte keine gute Nachricht. In der Regel bedeutet ein solches Szenario durch die in vielen Fällen zu erwartende Blockadehaltung der Republikaner einen politischen Stillstand. Viele Vorhaben der Regierung werden sich dann nicht mehr so einfach oder auch gar nicht umsetzen lassen.

Ob die geplante Ausweitung der Staatsverschuldung vor allem für neue Sozialprogramme kommen wird, ist daher ebenso fraglich wie eine schnelle, verstärkte Forcierung der Förderung von erneuerbaren Energien. Zudem droht perspektivisch eine noch härtere Gangart der US-Regierung gegenüber China, so dass hier erneut Sorgen vor einem Handelskrieg ausbrechen und die Märkte belasten könnten. Als potenzielle Profiteure gelten hingegen die Vertreter der Pharma- und Gesundheitsindustrie.

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Die letzten Umfragen sehen die Republikaner klar im Vorteil

Doch wie das an der Börse oftmals so ist, kann am Ende auch alles ganz anders kommen. So gab es in den USA zum Beispiel in einer vergleichbaren Konstellation von 1995 unter dem Präsidenten Bill Clinton eine der besten Börsenphasen überhaupt. Und ganz generell sind die zwölf Monate nach den Midterm Elections historisch betrachtet mit einem sehr positiven Bias belegt. Im Schnitt ist der S&P 500 in diesem Zeitraum überdurchschnittlich stark um 16 Prozent gestiegen. Dabei verliefen vor allem die ersten ein bis drei Monate zumeist sehr erfreulich aus Sicht der Bullen.

Reichlich Börsen-Optimismus im Vorfeld

Brian Horrigan, Chefvolkswirt der US-Fondsgesellschaft Loomis Sayles, hält einen Sieg der Republikaner im Repräsentantenhaus an den Finanzmärkten mittlerweile zudem für „eingepreist“. Er geht daher davon aus, dass der Wahlausgang die aktuelle Erholung an den Börsen nicht stoppen wird. Dabei zieht er einen spannenden Vergleich: „Die beiden Parteien heben die Ambitionen der jeweils anderen Partei auf. Die einzigen Male, in denen die Bundesregierung in den letzten 75 Jahren Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet hat, waren unter einer geteilten Regierung. Sollten wir also nach den Zwischenwahlen mit einer geteilten Regierung dastehen, könnten die Märkte durchaus positiv reagieren.“

Ebenfalls sehr zuversichtlich äußert sich im Vorfeld der Wahlen Victor Zhang, CIO des Asset Managers American Century Investments (ACI): „Oft ist diese sogenannte Blockade keine schlechte Sache für die Finanzmärkte.“ Dabei weist er darauf hin, dass viele Bundesstaaten noch über beträchtliche Haushaltsüberschüsse aus den fiskalischen Anreizen während der Pandemie verfügen. Diese können in vielen Fällen in die Infrastruktur, die Energieproduktion und den technologischen Fortschritt investiert oder durch Steuersenkungen an die Bürger verteilt werden.

Die Sache mit den „kurzen Beinen“…

Vor diesem Hintergrund muss Investoren vor den heutigen Wahlen also nicht bange sein. Zwar kann es je nach Wahlausgang und Kommentierung kurzfristig zu stärkeren Kursschwankungen kommen. Da politische Börsen traditionell – zumindest, wenn es nach einer bekannten Börsenweisheit geht – „kurze Beine“ haben, dürften schon bald wieder ganz andere Themen in den Fokus der Marktteilnehmer rücken.

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Disclaimer: Thomas Koch ist CEFA-Investmentanalyst, Investmentspezialist für strukturierte Produkte (ISSP) und geprüfter Zertifikateberater (EDA). Seit Anfang 2006 beschäftigt er sich als freier Journalist schwerpunktmäßig mit dem Markt für Zertifikate und Hebelprodukte. Zuvor war er über fünf Jahre beim PLATOW Brief als Börsenredakteur tätig. Dort rief er Mitte 2004 den Newsletter „PLATOW Derivate“ ins Leben, für den er auch heute noch hauptverantwortlich tätig ist. Für PLATOW betreut er zudem die wikifolios PLATOW Trend & Sentiment und PLATOW Trend & Sentiment 2.0 sowie das Dachwikifolio PLATOW Best Trader Selection. Daneben schreibt er auch für das Fachmagazin „Der Zertifikateberater“. An dieser Stelle kommentiert er finanzmarktrelevante Nachrichten und Ereignisse und analysiert Aktien, in denen er möglicherweise auch im Rahmen der wikifolios engagiert ist. Der Text spiegelt die Meinung des Autors wider. wikifolio.com übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung.

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