Zum Inhalt springen

„Die geopolitische Situation ist bedenklich“

Mit einer durchschnittlichen Performance von 18,2 % pro Jahr seit Start des wikifolios Topnews hat Harald Müller in schwierigen Marktphasen gezeigt, dass sich flexibles „News-Trading“ auszahlen kann. Auch die Möglichkeit, short zu gehen, hilft, wenns am Markt mal nicht so läuft. Und ab und zu einfach nur Cash zu halten und kein Risiko einzugehen, kann ebenfalls eine valide Strategie sein. Im Interview verrät der Trader, worums bei Topnews geht und was seine Ziele sind.

harald-mueller-interview

In deinem wikifolio Topnews handelst du kurz gesagt News – du gehst kurzfristige Trades ein, auch mit Hebelprodukten, um von der erhöhten Volatilität rund um kurstreibende Nachrichten zu profitieren, sowohl auf der short als auch der long-Seite. Ist das ungefähr richtig oder wie kann man sich das als Laie genau vorstellen?

Harald Müller: Eigentlich hast du es genau so beschrieben, wie es ist. Die Nachrichten sorgen für eine erhöhte Volatilität. Ich versuche die Nachrichten einzuschätzen und mögliche Spielräume für Marktbewegungen nach oben oder unten auszuloten und zu handeln. Das gilt dann anschließend auch für mögliche Rebounds, da solche Bewegungen häufig auch für Über- oder Untertreibungen sorgen.

Vielleicht ein Beipsiel zum besseren Verständnis: Du hast am Freitag, 19.01, einen Turbo-Optionsschein auf Morphosys gekauft und den dann auch noch am selben Tag in mehreren Trades mit schönen 10 %-Teilgewinnen verkauft. Warum der Trade? Was war da los?

Der Trade war in Summe eigentlich leider ein Verlusttrade bei dem ich zuvor den Absturz der Aktie nicht nach Wunsch getroffen habe und mit Verlust schließen musste. Mit den anschließenden Bewegungen in diesem Titel konnte ich den Verlust mit diesen 10 %-Teilgewinnen aber wieder deutlich reduzieren. Morphosys ist aktuell sehr großen Schwankungen ausgesetzt, da aktuell ein starkes Ungleichgewicht zwischen Käufern und Shortsellern herrscht (die Shortpositionen waren hier auch extrem großen Schwankungen zwischen 2 % und 10 % ausgesetzt). Größere Verkäufe wurden hier immer wieder sehr konsequent durch entsprechende Kauforders ausgeglichen. Am 18./19. kam es aber zu einem erheblichen Kursrutsch von ca. 25 % ohne Nachrichten, der sehr schwer zu antizipieren war.

Spekuliert wird am Markt auf eine mögliche Zulassung des Krebsmedikament „Pelabresib“, die für das Unternehmen von großer Bedeutung wäre.

Um mit Hebelprodukten erfolgreich zu sein, braucht man schon einiges an Erfahrung – und ein gutes Risikomanagement. Welche Expertise bringst du mit? Anders formuliert: Warum sollten Anleger dir ihr Vertrauen schenken?

Eigentlich handle ich die Titel lieber direkt und nicht über Derivate, da hier das Emittentenrisiko wegfällt. Für die schnelle Orderabwicklung mit höherem Volumen, die ich für meine Form des Tradings benötige und für das Shortselling bin ich auf Derivate angewiesen und hierbei tue ich mir mit leicht gehebelten Zertifikaten am leichtesten. Entscheidend für mich ist hier sicherlich, die Hebel nicht zu groß ausfallen zu lassen. Je nach Volatilität und Volumen einzelner Titel begrenze ich den Hebel beim Einstieg auf 3.

Um auf deine Frage zu antworten, warum mir Anleger ihr Vertrauen schenken sollten: Jeder Anleger muss ganz klar für sich entscheiden, mit welcher Anlageform er sich am wohlsten fühlt. Ich versuche bei meinem Trading den Drawdown im Depot möglichst gering zu halten und das ist mir in den vergangenen Jahren auch bei größeren Martschwankungen mit vernünftigen Gewinnen recht gut gelungen. Ich denke, das ist auch der Grund, warum mir von den Anlegern das Vertrauen geschenkt wird und ich gebe mein Bestes, um hier anzuschließen.

Viele schrecken eventuell vor einem Engagement in Hebelprodukten zurück, weil sie das Risiko scheuen. Warum lohnt sich die Auseinandersetzung mit Hebelprodukten deiner Meinung nach jedenfalls? Und wie riskant sind sie wirklich?

Ich denke, man sollte den Umgang mit Hebelprodukten erst wagen, wenn man am Markt schon viel an Erfahrung gesammelt hat. Das Problem liegt sicherlich bei den Verlustschwellen und der richtigen Einschätzung der Hebel- und Positionsgröße. Für mich lohnt sich der Einsatz von Hebelprodukten vor allem als Instrument zum Shorten. Eine gute Trefferquote bei den Trades, ein vernünftiges Risikomanagement und konsequente Verlustbegrenzung sind generell Voraussetzung für das Traden – das gilt für mich sogar verstärkt für das Traden mit Hebelprodukten.

Viele Anleger und Trader, die Hebelprodukte handeln, sind oft 1-2 Jahre unfassbar erfolgreich. Da locken dann Gewinne von bis zu 1000 % in nur kurzer Zeit. Genauso schnell geht’s dann aber meist wieder nach unten. Was machen die falsch und warum passiert dir das nicht?

Hier kommen wahrscheinlich mehrere Faktoren zusammen. Möglicherweise profitieren jene Trader von einzelnen Trades, bei denen sie überproportional gut verdienen und der Markt genau in ihre Richtung läuft. Die Summe der Trefferquote ist aber nicht gut genug, gepaart mit zu viel Risiko und schlechtem Moneymanagement.

Tatsächlich hast du mit Topnews seit der Erstellung im November 2019 eine schöne Rendite erwirtschaftet. Insgesamt hat sich der Depotwert verdoppelt. Das ergibt eine Performance von 18,5 % pro Jahr im Schnitt. Die Volatilität ist dabei sogar verschwindend gering – deutlich niedriger als bei Aktienindizes. Das Rendite/Risiko-Verhältnis liegt bislang bei sensationellen 1,8. Also alles gar nicht riskant?

Ich versuche mit meinem Tradingansatz das Risiko so gering wie möglich zu halten. Dadurch, dass ich sehr häufig zu 100 % im Cash stehe, bin ich plötzlichen Crash-Situationen, die immer wieder einmal auftreten, nicht so stark ausgesetzt und kann solche Situationen, ohne zu traden gut überstehen. Zwar kann ich bei stark positiven Märkten normalerweise nicht in gleichen Maßen profitieren, aber in Summe überwiegt für mich der Risikovorteil.

Für welche Anleger eignet sich dein wikifolio deiner Meinung nach als Beimischung zu ihren Depots? Was kann es leisten – zusätzlich zu zum Beispiel dem klassischen MSCI World ETF?

Er eignet sich immer für alle Anleger der klassischen ETFs, solange ich deren Performance schlage. Ich gebe mein Bestes, das auch weiterhin zu tun.

Der Jahresstart an den Börsen war etwas holprig. Was erwartest du für die nächsten Monate?

Ich muss ehrlich sagen, dass ich aktuell keine Ahnung habe, wie es an den Märkten in diesem Jahr weiterlaufen wird. Die geopolitische Situation ist, wie in den vergangenen Jahren, bedenklich. Bei den Zinsschritten ist vor allem seitens der USA viel eingepreist – wie sich die Inflation und letztendlich die tatsächlichen Zinsschritte entwickeln, wird man aber erst sehen. Die verhältnismäßig hohen Energiekosten bleiben für den europäischen Raum aber sicher der entscheidende Faktor für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Was auf alle Fälle auffällt, sind die zunehmenden Extreme auf der Long wie auch auf der Short Seite in den Märkten und die Konzentration der Marktstärke auf ein paar wenige Konzerne besonders in den Tech-Märkten. Ich gehe weiterhin von extremen Marktverhältnissen aus und versuche mich darauf einzustellen.

Mit welchen Überraschungen hinsichtlich Aktienmarktentwicklung, Wirtschaft oder politischen Ereignissen sollte man 2024 rechnen? Was könnte das Potential haben, die Welt so richtig aus den Fugen zu heben – positiv wie negativ?

Die Überraschungen in sowohl positiver als auch negativer Hinsicht könnten sicherlich in der Zins- und Inflationsentwicklung liegen. Ein Überraschungsereignis jeglicher Natur darf generell auch nie ausgeschlossen werden.

Bei den geopolitischen Faktoren, die starken Einfluss nehmen könnten, weiß ich eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll. Die Wahlen in den USA; der China/Taiwan Konflikt; die EU und China und etwaige Handelsbeschränkungen (Zölle) könnten ein Thema werden; der Ukraine Konflikt; eine Ausweitung der Israel/Palästina Problematik; die Klimakrise, die Flüchtlingskrise etc. Alle diese Themen haben das Potential sich zum Positiven als auch verstärkt zum Negativen zu verändern. Hoffen wir auf ein paar positive Veränderungen, die letzten Jahre waren ohnehin für alle anstrengend genug!

Harald, vielen Dank für die Einschätzungen und interessanten Einblicke in dein wikifolio!

Keine News, Insights und Storys mehr verpassen!

Jetzt den wikifolio Newsletter abonnieren!

Disclaimer: Jedes Investment in Wertpapiere und andere Anlageformen ist mit diversen Risiken behaftet. Es wird ausdrücklich auf die Risikofaktoren in den prospektrechtlichen Dokumenten der Lang & Schwarz Aktiengesellschaft (Endgültige Bedingungen, Basisprospekt nebst Nachträgen bzw. den Vereinfachten Prospekten) auf www.wikifolio.com, www.ls-tc.de und www.ls-d.ch hingewiesen. Sie sollten den Prospekt lesen, bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen, um die potenziellen Risiken und Chancen der Entscheidung, in die Wertpapiere zu investieren, vollends zu verstehen. Die Billigung des Prospekts von der zuständigen Behörde ist nicht als Befürwortung der angebotenen oder zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapiere zu verstehen. Die Performance der wikifolios sowie der jeweiligen wikifolio-Zertifikate bezieht sich auf eine vergangene Wertentwicklung. Von dieser kann nicht auf die künftige Wertentwicklung geschlossen werden. Der Inhalt dieser Seite stellt keine Anlageberatung und auch keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.