Per Handschlag haben EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump den Deal in Schottland besiegelt. Demnach hat man sich auf die folgenden Punkte verständigt.
- Die zum 01.08. angedrohten Zölle in Höhe von 30 % auf die Einfuhr europäischer Produkte in die USA sind abgewendet. Stattdessen soll es einen Basiszollsatz in Höhe von 15 % auf die meisten Produkte geben. Das gilt laut von der Leyen auch für Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte.
- Laut USA bleiben Zölle auf Stahl, Aluminium und Kupfer unverändert bei 50 %.
- Die EU soll laut Trump zugesichert haben, in den kommenden 3 Jahren Energie im Wert von 750 Milliarden US-Dollar zu kaufen und zusätzlich 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren.
- Einige Produkte wie Flugzeuge, Chemikalien oder bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse sind laut von der Leyen von den Zöllen ausgenommen.
Aber Vorsicht: Rechtlich bindend ist der Handschlag zwischen von der Leyen und Trump laut EU-Aussagen nicht. Und ein schriftliches Abkommen gibt es noch nicht. Wie das „Handelsblatt“ berichtete, legten beide Parteien „Faktenblätter“ vor, die bestenfalls eine unterschiedliche Interpretation des Deals offenbaren und im schlimmsten Fall deutlich machen, dass man sich in wesentlichen Punkten gar nicht einig ist. Gut möglich also, dass (einmal mehr) ein Deal so wie kommuniziert gar nicht oder nur in Teilen zustande kommt.
Trotzdem haben wir – basierend auf dem vorläufigen Deal - 4 wikifolio Trader um ihre Einschätzung gebeten: Alexander Albicker, Dominik Doster, Christian Scheid und Simon Weishar. Viel Spaß dabei!
Alexander Albicker, wikifolio Dirty Money
Ich sehe große Risiken für den Dollar, solange Trump an der Macht ist. (…) Ich persönlich versuche daher US-Aktien relativ zu Europa und anderen Weltregionen vorerst eher unterzugewichten.
Alexander Albicker führt das wikifolio Dirty Money seit Februar 2022, dessen Wert er bislang um überzeugende 85 % steigern konnte. Sein wikifolio ist mit 45 Einzelaktien stark diversifiziert. Das Schwergewicht ist der Automobilhersteller mit einem Depotanteil von 8 % und einem Buchgewinn von fast 900 %. Zu den weiteren Renditebringern 2025 zählen u.a. die europäischen Rüstungsschmieden , oder .
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Nach seiner Einschätzung hat sich Trump in den Verhandlungen zwar durchgesetzt, ob das aber langfristig für die USA ein guter Deal ist, bezweifelt er. US-Aktien sieht er kritisch. Hier seine Antworten im Detail:
Frage: Soweit aktuell eine Beurteilung möglich ist, wie schätzt du den Deal ein? Hat Trump gewonnen?
Antwort: Ich denke, dass Europa besser weg kommt – als mit dem nun vereinbarten Basiszoll von 15 % - war unrealistisch, dafür fehlte einfach ein wirkliches Druckmittel in den Verhandlungen. Man kann schon sagen, Trump hat sich durchgesetzt. Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass er keine rationale Wirtschaftspolitik macht. Ich glaube nicht, dass dies ein toller Deal für die USA ist, schlussendlich werden sie für die Zolleinnahmen mit höherer Inflation bezahlen. Nach dem VWL-Lehrbuch hätte man vielleicht besser nicht alle möglichen Steuern gestrichen und dafür am Freihandel festgehalten. Doch Trump ist das egal, er will einfach der Zoll-König sein und seinen Anhängern diese Story verkaufen. Somit ist es für ihn sicher ein Sieg, ob es für die USA langfristig einer sein wird, das wage ich zu bezweifeln.
Einige Punkte des Deals dürfen angezweifelt werden: So sind die Zahlen zu den Energieimporten vermutlich nicht zu erreichen. Können die Dealmaker der USA und der EU nicht rechnen?
Die 750 Milliarden Dollar würde ich einfach ignorieren. Trump liebt riesige Zahlen und wirft ständig damit um sich. Wenn es am Schluss weniger wird, wird sich schon irgendein neuer Deal machen lassen. Trump ist ja jetzt auch nicht gerade jemand, der sich den Zusagen von heute morgen noch verpflichtet fühlt.
Mittlerweile haben US-Börsen ihre Jahresanfangs-Schwäche ausgebügelt und handeln auf Rekordhoch. Jetzt wo Trump seine Deals macht - sind US-Aktien wieder the place to be? Oder haben die Europäer noch nicht ausgespielt?
Ich bleibe hinsichtlich US-Aktien vorsichtig. Klar, die US-Indizes sind alle wieder auf Rekordhoch, in EUR oder CHF sieht das jedoch anders aus. Ich sehe große Risiken für den Dollar, solange Trump an der Macht ist, und das kann für einen europäischen Investor am Ende alle US-Kursgewinne zunichtemachen. Ich persönlich versuche daher US-Aktien relativ zu Europa und anderen Weltregionen vorerst eher unterzugewichten.
Hat der Deal aus deiner Sicht irgendwelche Auswirkungen, die Anleger jetzt berücksichtigen sollten? Wie gehst du die nächsten Monate an? Wo sind die Chancen höher als das Risiko?
Die Auswirkungen auf die US-Wirtschaft muss man abwarten, aber der zu erwartende Inflationsdruck kombiniert mit Trumps ständigen Forderungen nach niedrigeren Zinsen bereitet mir Sorgen. Daher bin ich bei US-Aktien vorsichtiger als früher, auch wenn ich sie, aufgrund der vielen spannenden Unternehmen, natürlich nicht komplett meiden werde.
Dominik Doster, Defensive Aktien und ETF-Werte
Wenn ich auf ein Land setzen müsste, dann wären es definitiv die USA. (…) Allerdings halte ich es für irrational, auf ein Land zu setzen.
Dominik Doster ist mit Defensive Aktien und ETF-Werte erst seit März 2023 am Start, konnte seither aber bereits eine Performance von 55,5 % erwirtschaften – womit er den breiten MSCI World Index schon mal geschlagen hat. Er setzt aktuell auf 20 Einzelaktien und 2 ETFs. Schwergewicht ist die Holdinggesellschaft mit einem Anteil von gut 21 %.
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Auch Doster sieht Trump als Gewinner aus den Verhandlungen hervorgehen. Und sieht grundsätzlich US-Aktien als Favorit – allerdings hält er wenig davon, auf ein bestimmtes Land zu setzen. Es kommt letztlich ja auf die Qualität und Bewertung der Unternehmen an, sagt er:
Soweit aktuell eine Beurteilung möglich ist, wie schätzt du den Deal ein? Hat Trump gewonnen?
Ja, Trump hat definitiv gewonnen. Er musste fast nichts anbieten und konnte dennoch einen einseitigen Zollsatz von 15 % etablieren. Dieser wäre vor der Ära Trump als utopisch hoch angesehen worden, wirkt jedoch durch seine gezielten Anker von 30 % und teils höher, eher harmlos. Die Unternehmen sind flexibel und leiden nicht besonders darunter, während Arbeitnehmer und allgemein die europäische Bevölkerung deutlich stärker davon betroffen sein werden.
Einige Punkte des Deals dürfen angezweifelt werden: So sind die Zahlen zu den Energieimporten vermutlich nicht zu erreichen. Können die Dealmaker der USA und der EU nicht rechnen?
Hier wurden wohl auch Importe eingerechnet, die sowieso getätigt würden. Die Summe erscheint dennoch unrealistisch hoch, zumal die energieintensiven Branchen durch die Zölle geschwächt werden sollten.
Mittlerweile haben US-Börsen ihre Jahresanfangs-Schwäche ausgebügelt und handeln auf Rekordhoch. Jetzt wo Trump seine Deals macht - sind US-Aktien wieder the place to be? Oder haben die Europäer noch nicht ausgespielt?
Wenn ich auf ein Land setzen müsste, dann wären es definitiv die USA. Die USA haben dauerhafte strukturelle Vorteile, die ihre Wirtschaftsmacht nahezu unantastbar machen. Der Fokus des Landes liegt aktuell mehr denn je auf der Wirtschaft.
Dennoch halte ich es für irrational, auf ein Land zu setzen. Entscheidend ist letztlich die Qualität und Bewertung der einzelnen Unternehmen. In Europa, wie auch in anderen Regionen mit verlässlichem Rechtssystem, finden sich hervorragende Unternehmen mit guten Renditeperspektiven. Ich nutze den aktuell starken Euro gezielt, um international stabil aufgestellte Aktien zu kaufen. Viele dieser Unternehmen erzielen einen Großteil ihrer Umsätze in den USA.
Hat der Deal aus deiner Sicht irgendwelche Auswirkungen, die Anleger jetzt berücksichtigen sollten? Wie gehst du die nächsten Monate an? Wo sind die Chancen höher als das Risiko?
Was die Indizes in den nächsten Monaten machen, kann ich ehrlicherweise nicht vorhersehen und sollte mich auch nicht beschäftigen. Aber ich bleibe bei meinem Fokus auf Risikokontrolle und nachhaltige Rendite, um mit ruhigem Puls die Vermögensleiter hochzuklettern. Entscheidend ist eine sorgfältige Unternehmensauswahl mit Fokus auf Profitabilität, dauerhafte Wettbewerbsvorteile und eine gesunde Unternehmenskultur.
Christian Scheid, wikfiolio Special Situations long/short
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Ich gehe davon aus, dass der Trend ‚raus aus den USA, rein nach Europa‘ noch nicht ausgespielt ist. Wir sehen aktuell lediglich eine Unterbrechung.
Christian Scheid war einer der ersten wikfiolio Trader – mit seinem wikifolio Special Situations long/short liefert er seit 2013 Alpha, also echten Mehrwert durch aktives Portfoliomanagement. Er kommt auf eine Gesamtrendite von 850 % seit Erstellung oder 21 % im Jahresschnitt.
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Scheid glaubt nicht, dass die Dominanz der europäischen Börsen bereits beendet ist. Auch wenn die Wall Street zuletzt eine Aufholjagd gestartet hat. Einzig bei Tech-Aktien führe kein Weg an den USA vorbei. Für einzelne Branchen rechnet er mit erheblichen Auswirkungen des Handelsdeals – und nennt Beispiele:
Soweit aktuell eine Beurteilung möglich ist, wie schätzt du den Deal ein? Hat Trump gewonnen?
Auch wenn der Deal für die EU auf den ersten Blick ungünstig erscheint, verschafft er mehr Planungssicherheit. Zudem müssen noch viele Details ausgehandelt werden – mit möglichem Upside für die EU.
Einige Punkte des Deals dürfen angezweifelt werden: So sind die Zahlen zu den Energieimporten vermutlich nicht zu erreichen. Können die Dealmaker der USA und der EU nicht rechnen?
Ich denke, die Zahlen sind vor allem dazu gedacht, die amerikanische Bevölkerung - und damit Wählerschaft – zu beeindrucken. Realistisch betrachtet können diese Vereinbarungen niemals erfüllt werden. Doch wen interessiert das in ein paar Jahren noch?
Mittlerweile haben US-Börsen ihre Jahresanfangs-Schwäche ausgebügelt und handeln auf Rekordhoch. Jetzt wo Trump seine Deals macht - sind US-Aktien wieder the place to be? Oder haben die Europäer noch nicht ausgespielt?
Ich gehe davon aus, dass der Trend „raus aus den USA, rein nach Europa“ noch nicht ausgespielt ist. Wir sehen aktuell lediglich eine Unterbrechung. Hauptgrund sind die vergleichsweise moderaten Bewertungen auf dem alten Kontinent. Aber natürlich gibt es auch Sektoren, vor allem Tech, bei denen kein Weg an den USA vorbeiführt. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern.
Hat der Deal aus deiner Sicht irgendwelche Auswirkungen, die Anleger jetzt berücksichtigen sollten? Wie gehst du die nächsten Monate an? Wo sind die Chancen höher als das Risiko?
Mit Blick auf den Gesamtmarkt dürfte das meiste hinter uns liegen. Aber hinsichtlich einzelner Branchen sind noch erhebliche Auswirkungen zu erwarten. Per Stand heute wurden einige strategisch wichtige Güter wie etwa Flugzeuge und Flugzeugteile, Halbleiter-Produktionsanlagen, bestimmte chemische Erzeugnisse, einige Agrarprodukte sowie kritische Rohstoffe von Zöllen ausgenommen. Gewinner sind somit Sektoren, die von diesen Ausnahmen profitieren, und auch Branchen, die durch die Einigung einer drohenden drastischen Eskalation entgangen sind – allen voran die Autoindustrie, für die der US-Zollsatz nun „fast halbiert“ wird.
Demgegenüber stehen jedoch zahlreiche Verlierer: Branchen wie Maschinenbau, Pharma, weite Teile der Chemie und Agrarwirtschaft sehen sich mit deutlich höheren Handelsbarrieren konfrontiert als vor Beginn des Konflikts. Besonders hart getroffen bleibt die europäische Stahl- und Aluminiumindustrie, für die das Abkommen keinerlei Entlastung bringt. Für Anleger gilt es daher, in den kommenden Wochen und Monaten besonders genau hinzusehen. Denn bei den anstehenden Nachverhandlungen könnte sich durchaus noch einiges in die eine oder andere Richtung bewegen.
Simon Weishar, wikifolio Szew Grundinvestment
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Alles zusammen ergibt einen Cocktail, der mich nicht gerade dazu einlädt, stärker in den USA zu investieren. (…)
Simon Weishar hat mit seinem wikifolio Szew Grundinvestment seit Erstellung im Dezember 2014 eine Rendite von sagenhaften 920 % erzielt. Das sind 24,6 % im Jahr. Dabei geht er unkonventionelle Wege – wer hier namhafte US-Highflyer sucht, wird sie nicht finden. Stattdessen gibt’s spannende Namen wie , die oder auch kasachische Banken und brasilianische Energieunternehmen im Depot.
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Weishar dürfte US-Aktien auch weiterhin meiden. Die Lage für die EU sei robuster, europäische Aktien günstiger. Allerdings müssen, so Weishar, Anleger die Auswirkungen des Zoll-Deals auf einzelne Unternehmen individuell prüfen. Deutsche Autobauer beispielsweise seien weiterhin uninteressant – trotz des Zoll-Deals.
Hier die vollständige Einschätzung des Top-Traders: „Ich persönlich finde es sehr bedauerlich, dass Donald Trump mit dieser erpresserischen Verhandlungstaktik des Stärkeren am Ende scheinbar tatsächlich Erfolg hat. Die USA sind zwar die größte Volkswirtschaft der Welt, aber sie sind ebenfalls vom Rest der Welt abhängig. Der Rest der Welt hat sich meiner Meinung nach in diesen Verhandlungen spalten lassen, anstatt gemeinsame Stärke zu zeigen und Trump damit diesen Sieg ermöglicht.
Die USA haben diese zusätzlichen Einnahmen allerdings auch dringend nötig, denn die Staatsverschuldung ist weiterhin bedrohlich hoch. Sie bräuchten dringend niedrigere Leitzinsen, doch die Zölle dürften die Inflation eher weiter hochhalten und ein sinnvolles Senken der Zinsen schwer machen, Trump versucht zwar auch hier den Vorsitzenden der FED unter Druck zu setzen, bisher aber erfolglos. Sollten die Zinsen zu früh und zu stark gesenkt werden, ist eine weitere Inflationswelle zu befürchten. Gleichzeitig sind die US-Aktien weiterhin sehr hoch bewertet - alles zusammen ein Cocktail, der mich nicht gerade dazu einlädt, stärker in den USA zu investieren.
Von dieser Seite sieht die EU robuster aus, da wir uns das Wirtschaftswachstum nicht mit übermäßigen Schulden finanziert haben und auch die Bewertungen sind niedriger. Doch vor allem bei den Unternehmen, die stärker in die USA exportieren oder auch mit den Unternehmen im Wettbewerb stehen, von denen die EU nun Waren abnehmen muss, muss man genauer hingucken und die Auswirkungen individuell prüfen. Vor allem der Industriesektor ist für mich daher auch in der EU ein Bereich, den ich meide.
Auch die deutschen Autobauer bleiben für mich uninteressant. Sie scheinen zwar günstig, aber es gibt zu viele Unsicherheiten. Den chinesischen Markt scheint man an chinesische Autobauer verloren zu haben, diese kommen nun auch verstärkt nach Europa und es ist ungewiss, ob die deutschen Autobauer ihre Marktstellung hier halten können. Gleichzeitig werden ihre Produktionsbedingungen hier immer nachteiliger - hohe Löhne, hohe Energiekosten, gleichzeitig nun Zölle in den USA. Es ist ungewiss, wie die Unternehmen darauf reagieren werden – eventuell nehmen sie Capex in die Hand, um stärker in den USA zu produzieren. Ich investiere ungern in so einem starken Schwebezustand und warte lieber ab, bis sich die Lage eingeschwungen hat und man sie sicherer interpretieren kann.“
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